Es hat sich etwas verändert: Kam man vor zehn Jahren zusammen, drehten sich die Gespräche häufig um maßgeschneiderte Bildungswege und angestrebte Positionen. Aufenthalte in China, Dubai oder den USA markierten nicht selten persönliche Ziele und berufliche Stationen. Nie zuvor wirkte die Welt agiler und kleiner. Junge Unternehmensgründer und Entwickler neuer Technologien wurden als Vorbilder porträtiert und jeder ihrer Schritte mit Interesse verfolgt. Mit Leidenschaft wurde über die Finanzierung von „StartUps“ diskutiert und wie mit einer neuen Risikokultur der Platz an der Weltspitze verteidigt oder womöglich sogar ausgebaut werden kann.
Der Tatendrang von damals ist heute einer anderen Stimmung gewichen. Der Blick ist oft aufs heimische Nest gerichtet, der Wechsel von Aufgabengebieten und die Reduzierung von Arbeitszeit beschäftigen nicht wenige Köpfe. An die Stelle des Anpackens ist eine neue Form von Staatsgläubigkeit getreten. Irgendjemand wird es schon richten, im Zweifel eben durch Zuschüsse und Fördermittel. Was richtig und machbar ist, weiß ohnehin immer weitreichender der Gesetzgeber. Es scheint so, als ist uns gesellschaftlich der Schneid abhandengekommen, fehlt es uns an Biss für die Herausforderungen der Zeit. Wir genießen den Wohlstand früherer Wirtschaftswunder, verpönen aber in öffentlicher Debatte allzu oft deren Triebkräfte. Bevor ich aber jemandem Unrecht tue, es gibt sie natürlich noch, die Fleißigen, Mutigen und Zielstrebigen. Die modernen Deutungen von Nachhaltigkeit haben aber ihren Wert aus dem Fokus gedrängt. Sicher hat die verordnete Trägheit zur Bekämpfung der Pandemie ihren Anteil daran. Und wahrscheinlich fördert das politische Wirrwarr eher Lethargie, so dass Neues nicht mehr mit Positivem verbunden wird. Auch darum werden große Erfolge oder bahnbrechende Durchbrüche in Wissenschaft und Forschung zunehmend in anderen Teilen der Welt gefeiert. Für den Erhalt des Status Quo, aber vor allem für die Bewältigung aktueller Herausforderungen werden wir wieder mehr brauchen, mehr von der Stimmung früherer Jahre.
Genau hier kommt die aktuelle Urlaubsphase wie gerufen. Bietet sie doch die beste Gelegenheit, auf Reisen und mit offenen Augen auch Projekte und Lösungen in anderen Regionen auf sich wirken zu lassen. Der Austausch mit anderen Menschen gibt nicht nur Einblick in deren Denkweise, er bringt auch neue Ideen hervor und prägt die eigene Sicht positiv. Wem die große Reise verwehrt bleibt oder auch zusätzlich – der Jahresurlaub kann auch dem Griff zu einem guten Buch dienen. Vielleicht aus Biografien erfolgreicher und innovativer Persönlichkeiten, Beschreibungen technologischer Neuerungen oder Zeichnung anschaulicher Zukunftsvisionen, auch aus geschriebenen Zeilen lässt sich Kraft und Motivation schöpfen. Persönlich habe ich mir diesmal eine Mischung daraus vorgenommen – in diesem Jahr leider ein eher kurzer Aufenthalt im Ausland, jedoch sind die Bücher bereits geliefert. Und hoffentlich als Krönung des persönlichen Erfolgs gilt es dann noch ein Heimwerkerprojekt in Angriff zu nehmen. Ganz in diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erlebnisreiche, erholsame und vielleicht auch aufrüttelnde Ferien- und Urlaubszeit.
Ihr Bürgermeister
Marco Rutter