Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges auf dem europäischen Kontinent zum 80. Mal. Fast sechs Jahre Krieg brachten allein den Völker Europas über 60 Millionen Tote, als Folge von Kampfhandlungen, aber auch fanatischem Vernichtungswahn. Nochmals Millionen trugen körperliche und seelische Verletzungen davon oder waren durch Verschleppung und Kriegsgefangenschaft schwer gezeichnet. Hunger und Entbehrungen als auch die unvorstellbare, nahezu vollständige Zerstörung aller Infrastrukturen prägten die Folgejahre und forderten weitere Opfer. Der Bevölkerung Europas waren die Wirtschafts- und Lebensgrundlagen entzogen. Es dauerte Jahre und erforderte hohe Anstrengung, bis der Alltag wieder sicher und in erträglichen Bahnen verlief. Der Erfolg auf dem Schlachtfeld mag Mythen und Helden hervorbringen, Krieg schafft aber keine Sieger.
In Anbetracht eines erneuten Krieges in Europa ist das Gedenken an diese schrecklichen Ereignisse aktueller denn je. Wir müssen alles daran setzen, diese Entwicklung zu stoppen. Aktuelle wie auch zukünftige Generationen sollen davor bewahrt bleiben, erneut diesen Erfahrungen ausgesetzt zu sein.
Geschichte lehrt uns dafür mehr, als nur die Erkenntnis über die Folgen des Endes. „Nie wieder” fordert von uns auch, sich der Entstehung und den Ursachen von Kriegen und Konflikten zu widmen. Gewalttätige Auseinandersetzungen, extreme Ansichten und menschenverachtendes Handeln entwickeln sich nicht über Nacht. Sie sind eher das Ergebnis längerer, oft politisch geprägter Prozesse. Wer diese verhindern will, muss gesellschaftlichen, aber auch wirtschaftlichen Verwerfungen gegenüber wachsam bleiben und ihnen frühzeitig begegnen. Denn stabile und humane Gesellschaften gedeihen nur im Ausgleich der Interessen und Bedürfnisse. Unbeantwortete Sorgen und Probleme lassen hingegen Raum für Wut und Hass, für neue Feindbilder und politische Zuspitzung.
Aber der Blick in die Historie zeigt auch auf, kaum etwas gestaltet sich so fragil wie das Verhältnis von Ländern oder Nationen. Zwischen Verbundenheit und Feindschaft liegen oft nur wenige Jahre oder einzelne Ereignisse. Politische oder ökonomische Veränderungen diktieren allzu oft den Wandel zwischen Partner- und Gegnerschaft. Selbst Phasen friedlicher Koexistenz erfordern weiterhin Anstrengungen zur Verständigung. Widmen wir den 8. Mai dem Gedenken, aber auch dem Bewusstsein um die Verantwortung für zukünftige Entwicklungen.
Ihr Bürgermeister
Marco Rutter