Fehlender Blick für die Belange der Senioren?

Nach der Neuausrichtung der Ausschussarbeit der Gemeindevertreter wurden Fragen laut, warum kein eigener Ausschuss für die Interessen der Senioren gebildet wurde? Wen soll die wachsende Zahl älterer Bürger ansprechen, wenn es um ihre Probleme und Bedürfnisse im Alltag geht?

Klar festzustellen ist, die Altersgruppe der Senioren stellt nicht nur den zahlenmäßig stärksten Teil unserer Einwohner, sie ist auch die mit den höchsten Wachstumsraten. So wird sich die Zahl der Ruheständler in den nächsten 10 Jahren nahezu verdoppeln. Ohne weiteren Zuzug in unserer Gemeinde stellt die Gruppe der über 65-Jährigen dann weit mehr als 40 Prozent der Bevölkerung in unserem Ort.

Daher ist es keine Frage, Ortspolitik kann die Belange der Senioren nicht aussparen! Dennoch kann die Antwort nicht in der isolierten Betrachtung berechtigter Interessen in einem Ausschuss liegen. Seniorenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, der wir mit der gewählten Arbeitsteilung mehr und besser als zuvor gerecht werden. Geht es beispielsweise um bessere und zeitgemäße Formen der Mobilität oder Verbesserung von Geh- und Radwegen, dann ist dies ein Schwerpunkt für den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Geht es darum, Begegnungsstätten zu schaffen oder um die Anforderungen an altersgerechtes Wohnen im Ort, dann fällt dies in den Aufgabenbereich des Ausschusses für Bildung und soziale Infrastruktur. Oft vorgetragenes Problem ist der wachsende Bedarf an Medizinern und gesundheitsnahen Dienstleistungen. Im Kern ist die Ansiedlung derartiger Angebote eine Frage der Wirtschaftspolitik, denn ohne ein Konzept für Gewerbeflächen und -räume fehlen uns derzeit schlicht die notwendigen Voraussetzungen dafür. Für den neuen Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Kultur und Sport keine leichte Aufgabe, da die Gewerbeentwicklung rückblickend kaum eine Rolle spielte und der Handlungsbedarf entsprechend groß ist. Nicht nur nebenbei muss sich dieser Ausschuss auch noch mit viel Kreativität um kulturelle Höhepunkte kümmern. Wie kleine und bezahlbare Mietwohnungen oder ein neues Seniorenheim ins Ortsbild passen, damit darf sich zeitgleich der Ausschuss für Bauen und Bauleitplanung auseinandersetzen. Und da all dies auch irgendwie bezahlt werden muss, kommt auch dem Finanzausschuss eine nicht zu unterschätzende Rolle zu.

Auch wenn diese Aufzählung keinesfalls abschließend ist, so wird doch deutlich, dass die Fülle an Aufgaben durch einen Ausschuss allein nicht zu leisten ist. Überdies weicht der Bedarf aus der Altersgruppe der Senioren meist nicht von dem anderer Bevölkerungsteile ab. Ausgebaute Geh- und Radwege sind zugleich auch sichere Schulwege. Nach kleineren und bezahlbaren Wohnungen suchen auch unsere Jugendlichen. Der Kardiologe braucht genauso Praxisflächen wie der Kinderarzt und die Big-Band nutzt die gleiche Bühne wie die Theateraufführung der Grundschulklasse. Erfolgreich kann somit Ortspolitik nur sein, wenn sie die unterschiedlichen Interessen übergreifend betrachtet und in Lösungen zusammenführt. Umgekehrt ist auch den Einzelinteressen am besten geholfen, wenn diese als Teil des Gesamten gesehen und an der richtigen Stelle eingebracht werden.

Ihr Bürgermeister
Marco Rutter