Zur Satzungsänderung des Wasserverbandes

Die politischen Diskussionen der letzten Wochen geben für mich doch Anlass, einige Erläuterungen zur Situation unserer Wasserversorgung zu geben. Denn nicht immer wird alles zutreffend dargestellt, prallen aber umso mehr gegenläufige Meinungen und Vorstellungen aufeinander.

Das 30. Jubiläum unseres Wasserverbandes (WSE) gab im vorigen Jahr auch Anlass zum Rückblick. In dieser Zeit sind 1.600 km Trinkwassernetz neu errichtet oder modernisiert worden. Nochmals gut 1.000 km umfasst inzwischen das Schmutzwassernetz. Trinkwasser liefern heute 4 Wasserwerke mit 62 Brunnen, 9 Reinwasserbehälter und 5 Druckerhöhungsstationen. Den Transport von Abwasser übernehmen fast 400 Pumpwerke. Und trotz des inzwischen erreichten Anschlussgrades von 98% ist auch die dezentrale Entleerung von Güllegruben weiter verlässlich organisiert. Seine Leistungen erbringt der Wasserverband zu jeder Tages- und Nachtzeit, unabhängig von Jahreszeiten und Witterungseinflüssen, immer neutral und wertfrei für die inzwischen über 80.000 Haushalte und mehr als 170.000 Menschen in unserer Region. Dafür waren zahlreiche Investitionen in Millionenhöhe und unzählige, teils schwierige Entscheidungen notwendig. Rückblickend war es richtig und wichtig, dass vor 30 Jahren die Verantwortung für eine verlässliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in die Hände eines kommunalen Zweckverbandes gegeben wurde. Mit modernster Prozessleittechnik und einem starken Team von über 100 Mitarbeitern ausgestattet, zählt der Verband heute zweifellos zu den leistungsfähigsten und innovativsten Ver- und Entsorgern in der Bundesrepublik. Nach gut 12 Jahren der beruflichen Befassung mit wasserrechtlichen und wassertechnischen Belangen sei mir dieses Urteil gestattet.

Erfolgreich stellte sich der Zweckverband auch den strukturellen Veränderungen in den Mitgliedskommunen. Dem Einwohnerrückgang der 90er Jahre folgte ein stetiges Bevölkerungswachstum. War noch vor 20 Jahren die Arbeitslosigkeit das bestimmende Thema in der Region, fehlt es heute an Flächen für Gewerbe und Dienstleistungen. Ob als solider Kaufmann bei vorausschauender Investitionsplanung oder mit technischem Sachverstand bei der Netzplanung, wachsender Wohlstand in der Region und darauf aufbauende Ziele der Mitgliedskommunen waren stets Antrieb und Aufgabenverständnis. Selbst die Entscheidung zur Ansiedlung eines Automobilwerks schreckte nicht, wenngleich Größe und Kurzfristigkeit als Herausforderung anzusehen waren und sind. Viel Kritik aushaltend, war der WSE zudem der Erste, der damit verbundene Probleme offen benannte. Aber trotz der ebenfalls klar formulierten Bereitschaft, diese vom Beginn der Planung bis zur späteren Betriebsführung zu lösen, die Grundlage für eigenes Handeln bilden immer Genehmigungen der Landesbehörden. Als Zweckverband ist es uns rechtlich nicht möglich, eigenmächtig Wasserressourcen zu erkunden, Standortentscheidungen zu treffen, Verläufe von Fernleitungstrassen festzulegen oder über die Fortleitung von geklärtem Abwasser zu bestimmen – erst recht nicht, wenn dies außerhalb unseres Verbandsgebietes geschehen soll oder muss. Vom Mitdenken befreit geteilte Verantwortung freilich nicht, weshalb die Liste eigener Vorschläge und Anträge entsprechend umfangreich ist. Doch ob Ideen zu Fernleitungsnetzen, Anforderungen zur Altlastenentsorgung, zur Neuerkundung von Grundwasserressourcen oder der Neubewertung bestehender Rechte, davon aufgegriffen wurde fast nichts und passiert ist noch weniger.

Immerhin: Einen alten Antrag des WSE aufgreifend, wurden vor etwa zwei Jahren zusätzliche Fördermengen genehmigt und fast vollständig dem Wasserwerk Eggersdorf zugeordnet. Erteilende Behörde war das zuständige Landesamt für Umwelt (LfU), eine Behörde in Verantwortung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg. Erst diese Genehmigung versetzte uns damals als Zweckverband in die Lage, den satzungsgemäßen Anspruch auf Erschließung des Automobilwerks vertraglich zu regeln. Ausgehend von der Mengenbegrenzung im geschlossenen Vertrag sowie der deckungsgleich erteilten Genehmigung, blieb dieses Ansiedlungsprojekt folglich ohne Einfluss auf die bisherige Situation im Verbandsgebiet und die Versorgung aller übrigen Kunden. Richtig ist aber auch, weitere Ausbaustufen des Werkes sowie über die Planungen des Zielnetzes 2045 entstehende Zusatzbedarfe der Mitgliedskommunen waren damit nicht gedeckt. Ein Umstand, zu dem der WSE mehrfach deutlich Stellung bezogen hat.

Verschärft hat die Situation nun deutlich, dass die beiden Verbände Grüne Liga Brandenburg e.V und NABU Brandenburg vor einigen Monaten gegen die erteilte Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht haben. Vorwurf der Kläger, das LfU hätte im Zuge der Genehmigung keine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung durchgeführt. Zum Verständnis: Im Verfahren ist eine Vorprüfung der Umweltauswirkungen zwingend, die bei konkreten Anhaltspunkten zu einer kompletten Prüfung der Umweltverträglichkeit führt. Formal wäre dies ein Verfahrensfehler, der erst Klagen von Umweltverbänden ermöglicht. Das Problem für uns als Zweckverband, da die Mengenerhöhung nicht gesondert beschieden wurde, richtet sich die Klage gegen die gesamte Fördermenge des Wasserwerks Eggersdorf. Bei Erfolg der Klage – wovon derzeit auszugehen ist – entfallen folglich nicht nur die 1,2 Mio. m³ an genehmigter Zusatzmenge, der Verband muss sich auf ein kurzfristiges Defizit von über 3,7 Mio. m³ an Förderrechten einstellen – gut ¼ der gesamten Fördermenge des Zweckverbandes. In der Folge stünde dann deutlich weniger für die Versorgung der Menschen in unserer Region zur Verfügung, als dies vor der Ansiedlung des Automobilbauers der Fall war. Klarheit wird hier nur der beschrittene Gerichtsweg schaffen. Im Rechtsverfahren stehen wir als Wasserverband aber nur als beigeladener Dritter am Spielfeldrand, auf welchem sich Umweltbehörde und Umweltverbände die Bälle zuwerfen. Ungeachtet der tatsächlichen Vorkommen an Grundwasser und trotz fehlender Verantwortung für diese Entwicklung, mit dem Spielergebnis müssen wir kurzfristig umgehen. Ob diese Entwicklung letztlich auf Nachlässigkeit, Unwissenheit, einem dummen Zufall oder womöglich doch strategischen Spielzügen beruht, kann jeder selbst befinden.

Für den Handlungsrahmen des Wasserverbandes bleiben die Hintergründe jedoch unerheblich. Aber mit Defiziten zu haushalten ist ungleich schwieriger als aus dem Vollen zu schöpfen. So schmerzhaft und unbequem Entscheidungen dieser Tage auch sein mögen, die vom Zweckverband getragene Verantwortung verlangt gerade in schwierigen Zeiten sachgerechte Vorsorge. Dies trifft auch auf den unlängst, nahezu einstimmig gefassten Beschluss zur Satzungsänderung zu. Leider wird damit erstmals ermöglicht, bei Erreichen der nach wasserrechtlicher Erlaubnis zur Verfügung stehenden Fördermenge die bisher unlimitierte Wassernutzung zu beschränken oder bestimmte Nutzungsarten gar zu untersagen, um so drohenden Engpässen oder Versorgungsunterbrechungen entgegen zu wirken. In erster Linie zielt diese Satzungsänderung auf größere Einzelverbraucher (z.B. Industriebetriebe), da diese das Trinkwassernetz im Verhältnis mehr beanspruchen und die erzielbaren Effekte schneller zum Tragen kommen. Für Neukunden wird der Verbrauch anhand der voraussichtlichen Nutzung zukünftig bereits bei der Beantragung des Hausanschlusses festgelegt. Bestandskunden werden hingegen durch den WSE aktiv kontaktiert und müssen aktuell nichts eigenständig veranlassen. Da zu vereinbarende Jahres-, Monats- und Stundenverbräuche an der durchschnittlichen Nutzung im Verbandsgebiet orientieren, wird diese Regelung für die Mehrheit der Anschlussnehmer keine Auswirkung haben.

Letztlich geht es um die Frage, ob im Ernstfall durch geordnetes Vorgehen die Versorgungssicherheit gewahrt und so einem unkontrollierten Ausfall vorgebeugt werden kann. Mit Blick auf die hohe Bedeutung von Trinkwasser für jeden Einzelnen von uns und die teils sehr sensiblen Nutzungen im Verbandsgebiet, sollte präventives Handeln zum gemeinsamen Verständnis gehören. So wenig jedoch Satzungsänderungen das eigentliche Problem lösen können, so wichtig ist gerade jetzt der Zusammenhalt der Mitgliedskommunen des Zweckverbandes. Kommunalpolitische Alleingänge mögen Aufmerksamkeit erfahren, sie schwächen aber jede klare und unmissverständliche Positionierung gegenüber der Landesebene. Nur geschlossen vorgetragen finden die Bedürfnisse und Herausforderungen unserer Region an den richtigen Stellen Gehör – heute wie vor 30 Jahren.

Ihr Bürgermeister
Marco Rutter

Verwandte Posts