Fahrradstraße – nur Ideologie oder sinnvolles Verkehrskonzept?

Quer durch die Republik schlagen die Wellen hoch, wenn es um die Einrichtung von Fahrradstraßen geht. Nicht selten beschäftigt die Frage nach Sinn oder Unsinn inzwischen die Gerichte. Grund genug also, sich mit dem Konzept genauer auseinanderzusetzen.

Seit 1997 in der StVO rechtlich normiert, können Fahrradstraßen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs oder auch zur städtebaulichen Entwicklung ausgewiesen werden. So einfach aber zugleich unbestimmt, gibt das zugehörige technische Regelwerk jedoch umfassend Aufschluss zu Anforderungen und Ausgestaltung.

Fahrradstraßen – Leitfaden für die Praxis

In Fahrradstraßen gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Charakteristisch für diesen Straßentyp ist, dass Fahrradräder nebeneinander fahren dürfen. Für das bevorrechtigte Fahrrad sind daraus resultierende Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer nicht beachtlich. Mehr noch, der Radverkehr selbst darf durch andere nicht in seinem Fluss begrenzt werden. Ohnehin sind motorisierte Fahrzeuge in Fahrradstraßen verboten, soweit Zusatzzeichen diese nicht in Ausnahmefällen erlauben. In der Regel werden Fahrradstraßen für Anlieger freigegeben. Aber auch dann ist durchgehender Kfz-Verkehr durch bauliche Maßnahmen wirksam zu unterbinden. Quasi sind Fahrradstraße für den motorisierten Verkehr als Sackgasse auszubilden.

Die Ausweisung von Fahrradstraßen kann aber nicht willkürlich erfolgen. Nachweislich muss das Fahrrad die vorherrschende Verkehrsart im betreffenden Straßenabschnitt sein oder sie muss diese in absehbar werden. Der hier geforderte Nachweis wird üblicherweise über Verkehrszählungen geführt. Anhaltspunkte für zukünftige Nutzungsintensivierungen kann etwa die Bündelung von Verkehren über eine Radverkehrskonzeption geben. Übergeordnetes Ziel von Fahrradstraßen ist die Erhöhung der Reisegeschwindigkeit sowie ein gleichmäßiger Verkehrsfluss für Radfahrende. Zur klaren Orientierung sind entsprechende Kennzeichnungen auf den Verkehrsflächen aufzubringen – in Form von Linien, Symbolen oder großflächigen Einfärbungen.

In der Konsequenz sind alle anderen Verkehrsarten gesondert zu regeln, etwa durch die Verlagerung des motorisierten Verkehrs auf Straßen in der Umgebung und die separate Führung des Fußgängerverkehrs auf Gehwegen. Zur Vermeidung der häufigsten Unfallsituationen sind zudem Querungshilfen für Fußgänger und Sicherheitsstreifen zum ruhenden Verkehr – etwa parkende oder haltende Anwohner, Liefer- und Pflegedienste oder Entsorgungs- und Rettungsfahrzeuge – einzurichten. Für die Sicherheit des Radverkehrs untereinander ist eine Breite der Fahrgasse von 4m vorzusehen. Im normgerechten Regelquerschnitt ergibt sich damit eine versiegelte Verkehrsflächenbreite von 14,70m. Abhängig von der konkreten Verkehrssituation vor Ort sind Reduzierungen möglich, etwa 3,5m als Fahrstreifen oder nicht vollständig durchgängige Halte- und Standstreifen. Bei einer beabsichtigten Freigabe für den Busverkehr werden aber auch Ausweitungen des Fahrstreifens erforderlich.

An dieser Stelle stößt das Konzept Fahrradstraße für die bei uns typische Siedlungsstruktur an Grenzen. Erschließungsstraßen weisen bei uns überwiegend eine lichte Breite zwischen den Zäunen von 8m bis 10m auf. Davon werden die Fahrbahn bzw. Mischverkehrsfläche 4,75m bis 5,5m beansprucht. Der verbleibende Teil des Straßenprofils dient der Versickerung von Regenwasser und der Pflanzung von Begleitgrün, insbesondere Bäumen. In Straßen mit übergeordneter Funktion sind zudem noch 1,8m für den Normgehweg anzurechnen. Selbst dann liegt die Versiegelung im Profil bei 6,55m bis 7,3m.

Ihre Stärken spielen Fahrradstraßen aber als direkte Verbindung zwischen Orten bzw. Ortsteilen oder zu Gewerbegebieten aus. Ohne die erforderlichen Flächen für Fußgänger und motorisierte Verkehre können eBike und Rennrad ordentlich Fahrt aufnehmen und so eine echte Mobilitätsalternative bieten.

Ihr Bürgermeister
Marco Rutter

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