Direkte Demokratie – Erfolgsmodell fürs Doppeldorf?

Vom Recht auf Mitbestimmung ist inzwischen in gewisser Regelmäßigkeit zu hören. Je nach Situation wird dieses von einer Seite gefordert oder von der Anderen plakativ in Aussicht gestellt. Vor allem die Einwohner Berlins haben in den zurückliegenden Jahren Volksentscheide bewegt, durchaus mit unterschiedlichem Ausgang. Doch auch aus unserer Gemeinde lässt sich hierzu ein Beispiel anführen. Der Bürgerentscheid zur Baumschutzsatzung erreichte im November 2015 hohes Interesse und sorgte für eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung. Grund genug, sich dieser Thematik genauer anzunehmen.

Die wohl längsten Wurzeln hat das Prinzip direkter Demokratie in der Schweiz. Mit dem Ziel, die feudalen Ketten des Mittelalters zu zerschlagen, trafen sich im Jahr 1291 die Repräsentanten der Täler auf dem Rütli am Vierwaldstätter See. Gemeinsam beschwor man fortan Einigkeit gegen alle Einmischung von außen. Als Zeichen der Zustimmung aus den Talschaften wurde vereinbart, zeitgleich Feuer auf den umliegenden Bergspitzen zu entzünden. Noch heute wird dieser Brauch an jedem 01. August – dem offiziellen Nationalfeiertag der Schweizer – in den Gemeinden gepflegt.

Seit diesem Zeitpunkt regeln die etwa 2.700 Gemeinden einen großen Teil der Aufgaben weitgehend selbst. Die Durchführung von Referenden ist hierfür in nahezu allen Gemeindeordnungen enthalten. Das Prinzip der direkten Demokratie wird gemeinhin als wirksames und notwendiges Kontrollelement gesehen. Gesellschaftliches Engagement, gemeinschaftliche Selbstbestimmung und die Verbindlichkeit des Wortes – des Eides – zählen zu den gern betonten Schweizer Tugenden.

Für diese Form der Beteiligung bedarf es jedoch einer Kultur, die gegenseitigen Respekt abverlangt und auf Sachfragen konzentriert. Nicht die Stärke des politischen Geschreis ist entscheidend, die gemeinsame Suche nach neuen und besseren Ideen steht im Fokus. Denn nur durchdachte Lösungen haben Bestand und sind folglich ein Gewinn für die Zukunft.

Direkte Demokratie ist somit zugleich eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie verlangt hohes Verantwortungsgefühl von denjenigen, die Fragestellungen sachgerecht zur Abstimmung einbringen müssen. Aber ebenso auch von stimmberechtigten Bürgern, welche Vor- und Nachteile objektiv durchdenken und abgewogen befinden sollen. Erst aus diesem Zusammenspiel, verbunden mit der Akzeptanz von Entscheidungen, entsteht der Unterschied zu den Ketten der Vergangenheit.

Auch unsere Rechtsgrundlagen kennen verschiedene Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung, von Bürgerbefragungen über Einwohnerversammlungen bis zur Einbringung von Petitionen. Zur direkten Mitbestimmung gereicht jedoch erst der Bürgerentscheid. Obendrein sind bei uns meist höhere Gipfel zu erklimmen, als dies den stimmberechtigten Eidgenossen abverlangt wird.

Dennoch ist Mitbestimmung ein zielführender Pfad, um Fragen von übergreifender Bedeutung im Sinne der Bürger zu regeln. Der Geschichte des Jahres 2015 könnten so neue Kapitel folgen – nach Schweizer Vorbild in der Debatte.

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