Wasser kommt doch aus dem Hahn?

Um den Wasserhaushalt in der Region wird dieser Tage vermehrt diskutiert und bisweilen auch gestritten. Richtet sich dabei der Blick auf aktuelle Pegelstände unserer Gewässer, dann bleiben auch Mutmaßungen und Schuldzuweisungen leider nicht aus. Zugleich mehren sich aber auch die Beschwerden, wenn sich an heißen Tagen aufgrund geringen Wasserdrucks das tägliche Bewässerungsritual im heimischen Garten in die Länge zieht. Meist ab ca. 19 Uhr steigt die Entnahmemenge sprunghaft bis zum Fünffachen des Normalzustandes und zwingt damit Wasserwerke und Leitungsnetz in die Knie. Vor einigen Jahren konzentrierte sich dieses Verbrauchsverhalten noch auf den Zeitraum von Juni bis August. Die frühen und langen Warmphasen der letzten 7 Jahre – mit Ausnahme des regenreichen Jahres 2017 – sorgten jedoch bereits Ende April und bis in den Oktober hinein für Spitzenverbräuche. Meist anzuwendende Formel: Umso größer und grüner die Gärten desto höher der Trinkwasserbedarf.

Gleich vier Wasserwerke dienen in unserem Versorgungsgebiet der Gewinnung von Trinkwasser. Dieses wird in das weiträumig vernetzte Leitungssystem eingespeist und so zu den Haushalten transportiert. An den Standorten der Wasserwerke dienen ausschließlich Tiefbrunnen der Entnahme von Rohwasser. Denn nur die Förderung aus Tiefen von 70m bis 90m garantiert eine ausreichende Wasserqualität und den weitgehenden Verzicht auf chemische Zusätze in der Aufbereitung. Damit dies auch so bleibt, sind für die Einzugsgebiete der Brunnen entsprechende Trinkwasserschutzgebiete ausgewiesen. Deren Festsetzung basiert auf Landesrecht und orientiert an den gegebenen Erdformationen sowie der daraus resultierenden unterirdischen Fließrichtung – ein durchaus komplexes Verfahren. Und anders als bei der abendlichen Entnahme zur Gartenbewässerung kommt es bei der Fließgeschwindigkeit im Untergrund eher auf Trägheit an. So benötigt ein Regentropfen bis zum Erreichen der Entnahmetiefe am Brunnen durchschnittlich 25 bis 30 Jahre und nutzt auf diesem Weg die reinigende Wirkung der verschiedenen Erdschichten. Bei einem guten Wein durchaus anerkannt, erfährt dieser Reifeprozess und damit der Wert des Lebensmittels Trinkwasser nur wenig Aufmerksamkeit. Dabei wäre mehr Bewusstsein beim Griff zum Gartenschlauch durchaus angebracht.

Selbstverständlich wird es auch in den nächsten Jahren weitere Verbesserung und Modernisierung der Trinkwasserinfrastruktur geben. Auch werden dank genauer Analysen und vorausschauender Planung weder die Siedlungsentwicklung noch zeitweilig geringere Niederschläge die Versorgungssicherheit in Frage stellen. Der Infrastrukturausbau soll und muss sich aber an der Aufgabenstellung der Trinkwasserversorgung ausrichten, nicht am Spitzenbedarf des Gartenwassers. Zeitweiligen Engpässen entgegenzuwirken und ein sparsamer Umgang mit dem kostbaren Nass sind vielmehr Gemeinschaftsaufgaben. Zeitlich wie mengenmäßig angepasstes Verbrauchsverhalten, die konsequente Nutzung und damit der Verbleib von Niederschlagswasser im eigenen Garten sowie eine angepasste Bepflanzung sind durchaus wirksame Mittel. Gerade beim Letzteren können Ihnen auch die Ortsgruppen des NABU oder der Lokalen Agenda beratend zur Seite stehen. Lösungen müssen weder teuer sein noch die Freude am eigenen Garten trüben.

Ihr Bürgermeister
Marco Rutter

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